Gaby Weber
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Klage gegen das Bundesarchiv wegen Untätigkeit sowie Strafanzeigen gegen die Deutsche Bank und die Konrad Adenauer - Stiftung wegen Hehlerei

 

      Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Herrschaftswissen zu sichern. Man kann es bei Geheimdiensten lagern und einen Zugang gesetzlich verhindern oder erschweren. Doch das von mir erstrittene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen "BND-Akten zu Eichmann" hat einen Weg geöffnet, um an dieses Material heranzukommen. Es bleibt der Weg der "Privatisierung". So nehmen Kanzler, Minister und Staatssekretäre ihre dienstlichen Unterlagen nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt gerne mit nach Hause, und nach ihrem Tod landen sie bei privaten Stiftungen, die nach ihrem Gutdünken entscheiden, was sie an wen herausgeben. Dort gelten nicht das Bundesarchivgesetz und das Informationsfreiheitsgesetz (IFG), dort herrschen private, politische Interessen.

 

Juristisch gesehen ist das "Mitnehmen von bundeseigenen Akten" eine Straftat, Verwahrungsbruch, § 133 StGB, Doch bis heute sind wichtige Dokumente in den Händen von privaten Organisationen. So sind etwa die Unterlagen von Hans Globke nicht im Bundesarchiv, wo sie hingehören. Globke war nicht nur Kommentator der Nürnberger Rassengesetze, sondern auch Ministerialdirigent Hitlers und später allmächtiger Staatssekretär von Konrad Adenauer im Bundeskanzleramt. Nach seinem Tod schenkte seine Tochter dieses Material der Adenauer-Stiftung in St. Augustin. Erst nach Drängen legte mir die Stiftung 2010 einen Teil vor.

 

Ich habe das Bundesarchiv aufgefordert, mir die Unterlagen zu Globke zur Verfügung zu stellen. Man teilte mir mit, dass man ebenfalls sehr besorgt über diese "Privatisierung" sei, aber nichts machen könne. Mehrmals habe man die Stiftungen zur Übergabe aufgefordert, aber sie kommen dem einfach nicht nach. Rechtsanwalt Raphael Thomas verklagte das Bundesarchiv wegen Untätigkeit. Download Klage

 

Im Februar 2012 sprach das Verwaltungsgericht Koblenz sein Urteil download. Ein Anspruch auf Nutzung dieser Unterlagen wurde versagt, da „das Bundesarchiv nicht über einen rechtlich durchsetzbaren Herausgabeanspruch gegen die Besitzer dieser Unterlagen verfügt. Diese Bestimmung fehle im Bundesarchivgesetz. Im Gegensatz zu Behörden seien die privaten Stiftungen nicht verpflichtet, ihre Bestände dem Bundesarchiv anzubieten. Dass hoheitliches Schriftgut unrechtmäßig in ihren Privatbesitz gelangt war, störte die Richter nicht. Das Prinzip der Aktenöffentlichkeit sei erst vom Informationsfreiheitsgesetz eingeführt worden, also kein Grundrecht. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte diese Rechtsauffassung. Nachdem auch das Bundesverwaltungsgericht keine Einwände gegen diesen systematischen Verwahrungsbruch von Bundeseigentum hatte, legte im Juli 2013 mein Anwalt Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe ein. Download

 

Das Bundesverfassungsgericht bat das Bundesjustizministerium, das rheinland-pfälzische Justizministerium und die Präsidentin des BGH um eine Stellungnahme. Alle haben "vornehmerweise" auf eine Stellungnahme verzichtet. Offensichtlich stehen für diese Leute nicht das Recht an erster Stelle sondern politische Erwägungen und Rücksichtnahmen auf Parteifreunde. Daraufhin hat das Bundesverfassungsgericht alle politischen Stiftungen zur Stellungnahme aufgefordert. Diese liegen mir jetzt vor. Die Stellungnahmen der Böll-Stiftung und der Rosa-Luxemburg-Stiftung sind praktisch gleich. Sie gehen auf das Akten-Stehlen durch Minister und Staatssekretäre nicht ein sondern legen lediglich ihre eigenen, formalen Archiv-Regeln dar. Der wesentliche Unterschied zwischen Böll und RLS besteht in einem Satz: Böll weist im Vorspann darauf hin, dass man die „Gründe der Verwaltungsgerichtsurteile nachvollziehen könne und deren jeweiliger Begründung uneingeschränkt folge“. D.h.: die Grünen sind für das weitere Verstecken der Globke- und Abs-Akten, die Linke hat keine Meinung dazu. Kein Wort oder die Aufforderung, dass alle Unterlagen über den Nationalsozialismus und ihre Amtsträger auf den Tisch müssen und nicht in privaten Partei-Archiven versteckt werden dürfen.

 

Für die Ebert-Stiftung (SPD) hat das Anwaltsbüro Redeker und Dahs die Stellungnahme verfasst, also dasselbe Büro das Adenauer und jetzt die Bundesregierung gegen mich vertritt. Redeker: „Offenbar hat der Bund die Herausgabe der Unterlagen, die von den Herren Abs und Dr. Globke oder deren Erben in das Archiv der Deutschen Bank bzw in das Archiv der Adenauer-Stiftung verbracht wurden, nicht verlangt. Dass diese Entscheidung rechtswidrig gewesen wäre, ist nicht ersichtlich“. Welches Honorar die Stiftung an Redeker gezahlt hat, wollte sie mir nicht verraten, auch sie verklagte ich (siehe gesonderten Beitrag).

 

Am 12. Juli 2017 verwarf das Bundesverfassungsgericht meine Beschwerde. Ich hätte das Kanzleramt und nicht das Bundesarchiv verklagen müssen. Bevor ich dies nicht getan und die Fachgerichte sich dazu nicht geäussert haben, mochte das höchste deutsche Verfassungsorgan dazu keine Meinung dartun. Das BVerfG stellte aber klar, dass diese Akten weiterhin Eigentum der Bundesrepublik seien. Das Urteil endet mit dem Satz: „Der Bedeutung der allgemeinen Zugänglichkeit der Quellen (ist) das ihr für die Freiheitswahrnehmung des Einzelnen wie für die Kommunikation im demokratischen Verfassungsstaat zukommendes Gewicht beizumessen und mit entgegenstehenden Belangen in einen vertretbaren Ausgleich zu bringen.“

 

Es geht in diesem Fall um Naziakten. Ich bedaure sehr, dass das BVerfG nicht den Mut aufgebracht hat, ihre Offenlegung zu fordern und die jahrzehntelange Praxis der politischen Stiftungen als rechtswidrig zu bezeichnen. Die „entgegenstehenden Belange“ sind undemokratische, autoritäre und teilweise illegale Praktiken, die es abzuschaffen und nicht „in einen vertretbaren Ausgleich zu bringen“ gilt.

 

Ich habe beim Kanzleramt einen neuen Antrag gestellt (siehe gesonderten Beitrag), habe in allen Instanzen verloren, landete wieder beim Verfassungsgericht, das dann meine Beschwerde nicht mehr zu Entscheidung annahm - also das genaue Gegenteil tat, was es in seiner Entscheidung 2017 gesagt hatte. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte lehnte die Überprüfung dieser Sache ab. Ohne Begründung. EGMR und Nazi Kontinuität

 

Ich habe über meine diversen Verfahren einen kurzen (28´) Film gemacht: https://youtu.be/AzAHNMITsYE